Stagnationskompetenz

Es ist so viel von Innovation die Rede. Viel zu selten feiern wir die reife Leistung des Menschen: auch morgen noch erselbst zu sein.

Stagnationskompetenz 2

Das Primat der Innovation

In wiederkehrenden Wellen oder iterativen Schleifen ist von Innovation die Rede. Arbeit müsse sich agilisieren, zu New Work werden, im Homeoffice stattfinden, SCRUM für Projektmanagement nutzen, Produktion würde sich nicht lohnen, digitale Dienstleistungen seien der einzige Weg zu Wert, Unternehmen müssten sich aufspalten und vor allem und zu erst die Frage nach dem Why klären, am besten mit einer gemeinwohlorientierten Purpose-Definition. Change, Change, Change. Was im Scorpions-Song nach einer schönen Erinnerung an die Wende und den Zerfall der Bipolarität des kalten Krieges klang ist heute modischer Schick, angefeuert von Leuten wie Du und ich.

Zur Besinnung kommen

Der Jahreswechsel ist als besinnliche Zeit auch eine gute, um zur Besinnung zu kommen. Und den Blick auf eine Kompetenz zu richten, die es noch nicht mal in den Duden geschafft hat: die Kompetenz zur Stagnation. Stagnation bedeutet Flüssigkeitsstau und wurde im 18. Jahrhundert auf jegliche Form des Stillstands übertragen. Dabei ist er doch vor allem eines: eine reife Leistung. Nichts ist so beständig, wie die Veränderung. Wenn diese Beständigkeit aufgehoben, und Veränderung durch Beständigkeit ersetzt wird, dann ist das zuallererst ein Grund zu feiern. Die Innovation, das Neue, der Wind of Change braucht einen Gegenspieler, der ihn fest stellt, damit er überhaupt festgestellt werden kann. Ohne Stagnation kann aus Innovation kein Mehrwert erwachsen. Die Innovation, das Neue, ist die Ausnahme in Organisationen. Die eigentliche Leistung ist nicht die neue Idee, es ist die Beständigkeit der Idee, die nun schon lange nicht mehr neu ist. Ein hoch also, auf alles, was bleibt, was exzellent wird, weil es sich nur langsam verbessert, was nicht springt, sondern in Ruhe rollt, was sich nicht in neu anstreicht, sondern sich selbst zur Ordensregel erhebt und im ewig chaotischen Wandel die Illusion von Organisation entstehen lässt. Viel zu selten bewundern wir sie, viel zu oft blicken wir auf ihre mangelnde Perfektion, und verkennen die eigentliche Leistung: die der Stabilität, dass sich ausnahmsweise mal nichts verändert. Das Leben selbst ist ja nicht Veränderung, sondern der Versuch, sie zu vermeiden, sich selbst zu erhalten.

Ein hoch auf…

Einen Toast also, mit einem Augenzwinkern, auf die Stagnationskompetenz! Möge das Jahr 2022 möglichst wenige Veränderungen bereithalten. Und sollten Sie doch einmal nötig sein, stehen wir gerne als professionelle Begleiter an Ihrer Seite. Auch, wenn Sie sie selbst bleiben wollen – nur auf einem höheren Level.

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